Extinction 1

Auch als Podcast verfügbar.

Achtung, Spoiler!

Worum geht es in Extinction? Wie der Titel es vielleicht vermuten lässt: Um Auslöschung. Was wir ausgelöscht? Anscheinend die Menschheit. Doch erstmal fängt alles mit dem relativ normalen Alltag vom etwas bedrückten Vater und Elektriker Peter an. Diese Hauptfigur des Films hat einige, sein Leben störende Visionen von einer schrecklichen Invasion.

Am Anfang war ich mir wirklich nicht sicher, ob der Film ein Familiendrama sein wird und diese Visionen tatsächlich reine Einbildung sind oder die Story in Richtung Matrix geht, wo sich bald herausstellt, dass er gefangen in einer Illusion lebt und Flashbacks zur Realität hat. Wie sich später rausstellte lag ich gar nicht mal so falsch mit diesen beiden Gedanken. Aber im Kern geht es doch um die stattfindende Invasion.

Denn genau im richtigen Moment schlägt Extinction von einem rätselhaften Drama auf ein bedrückendes Invasionsszenario um. Plötzlich, ein greller Blitz am Himmel – ein flammender Meteor stürzt zur Erde. Eigentlich eher viele kleine Landungsschiffe. Es zeigen sich epische Bilder in der Großstadt und ein spannender, stets beklemmender Kampf um’s Überleben beginnt. Das Design der Invasoren hat mir zwar eher weniger zugesagt, da sie zu menschlich wirkten und offenbar merkwürdige Anzüge trugen, aber auch hier wurde zumindest einer der Punkte später erklärt.

Mir hat es gefallen, dass der Protagonist Peter, der ja schon vorher durch seine Visionen mental etwas vorbereitet war, nicht sofort zum großen Helden wird. Auch er ist mit der Situation überfordert und versucht nur seine Familie zu retten. Zum Glück hat er einen Plan: auf zu seinem Arbeitsplatz, der sicherste Ort der ihm einfällt und zu dem ihm seine Visionen leiten. Auf seiner Flucht kann er sogar ein paar der unheimlichen, geheimnisvollen Invasoren töten. Im Nahkampf schafft er es sogar einem sehr hartnäckigen Verfolger das Helmvisier zu zerschlagen. Jetzt ergibt es auf einmal Sinn, dass die Aliens so menschlich wirken – denn es sind offenbar Menschen. Glücklicherweise spricht der besiegte Feind sogar die selbe Sprache. Natürlich tötet Gutmensch Peter ihn nicht, sondern lässt ihn seine schwer verwundete Frau tragen. Auf diese Weise kann Peter bewaffnet bleiben und muss seine Frau dabei nicht zurücklassen. So wird der Feind irgendwie zum Helferlein.

Leider lebt der Film sehr von seinen Twists. Ich muss zugeben, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch dachte, dass die Enthüllung der Identität der Invasoren die einzige große Wendung sein würde, doch zum zweiten Höhepunkt komme ich gleich noch.

Erst nochmal kurz zum komischen Anzugdesign der menschlichen Invasoren: Warum? Ich hatte nicht das Gefühl, dass diese Rüstungen besonders praktisch wären. Eine kleine Erklärung wäre nett gewesen. So hatte ich das Gefühl, dass diese organisch wirkenden, mit Kugeln übersäten Riesenstrampler mit merkwürdigen Schuhen nur dafür gedacht waren, den Zuschauer möglichst lange zum Narren zu halten. Es gibt von mir aber einen Pluspunkt dafür, dass hier viel auf handgemachte Kostüme und nicht so sehr auf CGI gesetzt wurde.

Sie kommen dann also beim Arbeitsplatz von Peter an und werden dort nett von bewaffneten Widerständlern begrüßt und mit in die schützenden Räumlichkeiten geführt. Alle Überlebenden sollen schnell mit einer alten U-Bahn evakuiert werden, damit bald von einem entfernten Ort zum Gegenschlag ausgeholt werden kann. Doch leider geht es der Frau von Peter inzwischen noch schlechter und niemand scheint ihr helfen zu können. Doch der ursprünglich feindliche Invasoren-Soldat, den Peter mitgebracht hat, offenbart unter Druck, dass er helfen kann. Da das anscheinend die letzte Chance ist seine Frau zu retten, willigt Peter ein.

Jetzt kommt der zweite große Twist: Offenbar ist seine Frau eine synthetische Lebensform. Und nicht nur sie, sondern anscheinend auch alle anderen Erdbewohner. Peter ist geschockt von seiner mechanischen Anatomie, will seiner Liebe aber natürlich trotzdem helfen. Also lässt er sich mit seiner Frau durch ein herumliegendes Kabel verbinden und überträgt ihr Energie. Inzwischen klärt ihn sein neuer Verbündeter über die Vergangenheit und die Beweggründe hinter der Invasion auf. Gestützt wird die Vergangenheitsaufbereitung durch Flashbacks von Peter.

Hier die Kurzfassung: Menschen bauen Synths. Synths sind quasi Arbeitsmaschinen. Arbeitsmaschinen entwickeln Emotionen. Menschen haben Angst vor Maschinen mit Emotionen. Menschen fangen an Synths zu jagen. Synths wehren sich und vertreiben die Menschheit. Menschheit kehrt nach ungefähr 50 Jahren auf dem Mars auf die Erde zurück, um sie zurückzuerobern.

Jetzt fragt man sich vielleicht, warum die Synths auf der Erde das nicht mehr wussten. Keine Sorge, dafür gibt es eine ganz logische Erklärung. Denn was machen die Synths mit ihrer neu gewonnen Freiheit und Emotionen? Klar, sie löschen alle ihre Erinnerungen und ersetzen sie durch Erinnerungen an ein rein menschliches Leben. Dann gehen sie einfach ihrem Alltag nach. Seit 50 Jahren. Hier bewahrheitet sich der Gedanke: Man muss seine Vergangenheit kennen, um Fortschritt zu machen. Und diese Synths wussten nicht einmal was sie sind. Sie haben sich zu einem Leben in Unwissenheit entschieden und sich quasi selbst versklavt. Natürlich taten sie dies, um die schrecklichen Dinge zu vergessen, die sie den Menschen angetan haben und die ihnen angetan wurden, aber damit legten sie sich selbst in Ketten und begrenzten ihre Möglichkeiten. Doch sie waren nicht ganz unvorbereitet auf die Invasion. Denn einige wenige von ihnen haben sich nicht zurücksetzen lassen und ihre Erinnerungen behalten. Die einzige Person von der man sicher weiß, dass sie eine dieser wissenden Synths ist, ist der Chef von Peter – die einzige Machtperson, welche man im Film kennen lernt. Für mich hat das ein ungutes Gefühl hinterlassen. Eine Person die seit 50 Jahren andere Personen anführt und die Gehirne ihrer Angestellten offenbar regelmäßig überschreiben lässt, damit diese ihr normales Leben weiterführen und effektiv Arbeiten können. Klingt für mich nach einer Art Diktatur. Leider kann ich das weder bestätigen, noch widerlegen. Es ist lediglich eine Vermutung meinerseits, da man nie einen Regierungsvertreter oder ähnliches sieht. Egal wie man es dreht und wendet: Der Großteil der Bevölkerung wird unwissend gehalten und kann sich somit nicht wirklich weiterentwickeln. Das lässt sich vielleicht schon damit begründen, dass die Synths denken, dass sie Menschen sind und auch Kinder großziehen, aber die Kinder nie älter werden. Also muss spätestens alle paar Jahre die gesamte Familie und am besten auch Freunde und Verwandte gleichzeitig zurückgesetzt werden. Allerdings sind diese Gedankengänge vielleicht etwas unfair gegenüber den Intentionen des Filmes. Die sind vermutlich: Gute Bilder, Drama, Spannung und Überraschung. Das hat er für mich definitiv erreicht.

Trotzdem hat mir diese Lücke an Hintergrundinformationen der Synth-Gesellschaft den Film irgendwie versaut. Ein Film ist manchmal stärker, wenn er auf solche Wendungen verzichtet. Denn diese senken den Wiedersehwert enorm. Quasi ab der Hälfte des Filmes weichen die starken, emotionalen Szenen, erklärenden Dialogen die große Geheimnisse enthüllen und mich überraschen sollen. Überrascht war ich zwar, aber nur bis die Unzufriedenheit in mir hoch kam. Den Anfang des Films kann ich sicherlich noch einmal genießen, aber die zweite Hälfte würde mich dann sicher langweilen.

Als seine Frau schließlich aufwacht, weiß sie wie durch ein Wunder plötzlich alles, was Peter eben erfahren und an das er sich erinnert hat. Warum es für die Story nötig war, dass seine Frau das alles weiß, ist mir nicht klar, aber vielleicht kann man es mit einer Datenübertragung durch das Kabel erklären, mit dem sie immer noch verbunden waren.

Der Invasoren-Soldat hat inzwischen erkannt, dass die Synths eigentlich ganz cool sind und er sie nicht mehr unbedingt erschießen will und Peter und seine Frau rennen schnell zur U-Bahn. Die Bahn fährt zwar schon, doch im letzten Moment kommen die beiden um die Ecke, mit einer Menge feindlicher Soldaten hinter ihnen. Sofort stoppt die Bahn, die beiden steigen ein und alle fahren sicher weg. Zumindest wäre das irgendwie logisch gewesen.

Denn eigentlich war es so: Die Bahn hält an, die Kinder der beiden rennen heraus und auf ihre Eltern zu. Dann umarmen sie sich extra lange vor dem Zug, während die feindlichen Soldaten aufholen und sich positionieren. Der Chef von Peter kommt aus dem Zug, um sie rein zu begleiten und wird dabei fast erschossen.

Das mit der Umarmung hätte man wirklich auch in der Bahn machen können. Damit, dass das Geschütz hinten am Zug Feuerschutz hätte geben können, will ich gar nicht erst anfangen.

Aber was soll’s. Der Anfang von Extinction hat mir echt gefallen. Mitreißende Stimmung, super Schauspiel, toller Aufbau und beeindruckende Bilder. Hätte der Film etwas bodenständiger weitergemacht, dann hätte er etwas großes werden können. So reiht er sich neben Filmen wie Matrix 3 ein, statt neben Matrix 1 oder als Familiendrama-Version von Cloverfield. Allerdings weiß ich auch, dass ich kleinere Ungereimtheiten in Filmen manchmal zu kritisch sehe. Es hat mich einfach traurig gemacht einen neuen potenziellen Lieblingsfilm so zu Ende gehen zu sehen. Solltet ihr ihn erst anschauen, nachdem ihr das alles von mir gehört habt, dann versucht es während des Ansehens auszublenden. Wenn ihr den Film für mich argumentativ retten könnt, dann tut das bitte in den Kommentaren. Es ist für mich wie mit Star Wars Episode 8 – ich will ihn lieben, aber ich kann es einfach nicht.

Wie es heutzutage Mode ist, lässt sich der Film natürlich ein offenes Ende, damit man einen zweiten Teil drehen kann. Die wichtigsten Charaktere leben noch und die Invasion ist im vollen Gange. Tatsächlich wünsche ich mir sogar einen zweiten Teil. Dort kann man dann auf die Probleme der Synth-Gesellschaft und die Fehler der Menschheit eingehen – vielleicht gibt es sogar ein Happy-End. Sollte das so eintreten, dann streicht meine Kritikpunkte und tragt Extinction in meine Favoriten-Liste ein.

Bis dahin,

Euer Felix.

 

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